RÜSTRINGER HEIMATBUND e. V.

 

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Tabak wurde schon früh als Steuerquelle erkannt

Zu den vielen Dingen, die Europa der Neuen Welt verdankt, gehört auch der Genuss des Tabaks. Ein 50 Jahre altes Rauchermagazin, das vor einiger Zeit im Archiv des Rüstringer Heimatbundes auftauchte, war Anlass für Hans-Rudolf Mengers, sich mit der Geschichte des Tabakgenusses eingehender zu beschäftigten und sie den Besuchern beim heimatkundlichen Klönabend vorzustellen.

Von alters her war unter den Völkern Amerikas der Konsum des Tabaks verbreitet. Die Urform der Zigarre bestand aus zusammengerollten kleineren Tabakblättern, die mit einem größeren Tabak oder Maisblatt umwickelt waren, während die Urform der Zigarette aus Schilfröhrchen gefertigt war, in die zerkleinerter Tabak gestopft wurde. Zudem gab es Pfeifen in den verschiedensten Formen. Bei einzelnen südamerikanischen Stämmen war auch das Tabakschnupfen üblich. Gelegentlich wurden Tabakblätter ähnlich wie Cocablätter gekaut,.

In Europa kannte man den Tabak nicht, aber auch hier wurde bereits in grauer Vorzeit zumindest bei besonderen Anlässen geraucht. Bei den Kelten fand man eiserne Pfeifen, und sicher scheint, dass die Gallier und Helvetier schon vor den Römern rauchten. Aber was rauchten sie damals? Vermutlich waren es vor allem Feldthymian, Kümmel. und Lavendel. Bei den Skythen dürften es auch Hanfkörner gewesen sein.

Nach der Entdeckung Amerikas kamen zunächst die Spanier mit Tabak in Berührung. Wenn ihnen das Rauchen am Anfang auch sehr fremdartig erschien, so übernahmen sie doch die Gewohnheit schon nach kurzer Zeit. Der erste Bischof der neuen Kolonie, Las Casas, schrieb 1527: „Ich habe mehrere Spanier … gesehen, die sich dieser Dinge bedienten und, als man sie wegen solch hässlicher Gewohnheit tadelte, antworteten, dass es ihnen nunmehr unmöglich sei, diese wieder abzulegen."

Wenig später gelangten Tabakpflanzen nach Europa. Man kultivierte sie hier zunächst als Zierpflanzen, rühmte aber auch ihre Heilwirkung. Die Pflanze wurde aufgrund der in ihr vermuteten Heilkraft zunächst gegen alle Arten von Krankheiten eingesetzt. Als wirksam erwies sie sich jedoch nur in wenigen Anwendungsbereichen, wie z.B. bei der Behandlung parasitärer Hauterkrankungen. Daneben wurde die schmerzstillende und euphorisierende Wirkung des Tabaks medizinisch genutzt.

Einer, der sich um die Verbreitung dieser Pflanze besonders verdient machte, war Jean Nicot, französischer Gesandter in Lissabon. Er brachte den Tabak 1560 nach Paris. Nach ihm benannte man übrigens den 1828 entdeckten wichtigsten Wirkstoff des Tabaks, das Nikotin. Ende des 16. Jahrhunderts gelangte der Tabak auch nach Deutschland. Hier verbreitete sich der Konsum sehr schnell durch die Soldaten während des Dreißigjährigen Krieges (1618 1648) . Zu der Zeit sprach man übrigens noch vom Tabak trinken. Der Begriff „rauchen" setzte sich erst später durch.

Tabak blieb zunächst eine Apothekerware, das bedeutete, der legale Verkauf war nur Apotheken gestattet, wenn er als Medizin verordnet war. Der weitere Genuss blieb lange umstritten. Und so kam es auch schon bald zu Verboten. Das erste Tabakverbot sprach Papst Urban VIII. (ab 1623) aus, da er es nicht leiden konnte, dass die Gläubigen ihre Laster unter der Messe und gar beim Abendmahle ausübten. In Deutschland kam das erste öffentliche Verbot für Tabak im Jahre 1691: In Kursachsen durfte fortan auf den Straßen und Postwagen nicht mehr geraucht werden.

Insgesamt konnten Verbote die Ausbreitung des Tabakkonsums jedoch nicht verhindern. Schuld daran war auch das schlechte Beispiel des Adels, der zum Teil von den Rauchverboten ausgenommen war. Nach und nach aber wurde das Rauchen gesellschaftsfähig. Besonders früh erfuhr es die Legalisierung in England. Kurz nach 1600 legte Jakob I. eine Steuer auf den Tabak und verschaffte sich so gute und sichere Einnahmen. Für die Aufhebung der Verbote sprachen schließlich die wirtschaftlichen Gründe. Mit der Einführung der Tabaksteuer im 18. Jahrhundert, die bald überall eine unverzichtbare Einnahmequelle darstellte, wurde der Tabakkonsum legalisiert.

In den Weltkriegen diente die Zigarette den Soldaten als Psychopharmakon: Rauchen entspannte, unterdrückte Müdigkeit und Hungergefühle und stellte Kontakte her. Fast alle Soldaten rauchten. Zwischen 1940 und 1950 war die Versorgung mit Tabak in Deutschland rationiert. Die Zigarette wurde zum begehrten Tauschobjekt, man sprach gar von der „Zigarettenwährung". Viele der Teilnehmer am Klönabend konnten sich noch lebhaft an diese Zeit erinnern. Natürlich versuchte man damals, den Engpass durch Eigenanbau von Tabak zu umgehen. Aber auch das hatte seine Grenzen. Wurden solche Vergehen aufgedeckt – durch Zufall oder Denunziation – drohten empfindliche Strafen.

Hans-Rudolf Mengers

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