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Milchfuhrleute hatten Schwerstarbeit zu verrichten

Im letzten Teil seiner Molkereigeschichte ging Theodor Köhne, Blexen, auf die Arbeit der Milchfuhrleute ein. Als Kind hatte er solche Touren selbst oft miterlebt, da auch sein Vater einen Milchwagen fuhr.

Theodor Köhne berichtete zunächst von der harten Arbeit. Für einen Milchfuhrmann gab es keinen Sonn- und Feiertag, er musste also 365 Tage im Jahr da sein, bei Wind und Wetter, im Sommer wie im Winter. Krankheit galt als nicht als Entschuldigungsgrund, schlechtes Wetter schon gar nicht. Die Milch musste unter allen Umständen bei der Molkerei pünktlich abgeliefert und die Magermilch und Buttermilch wieder zurückgebracht werden.

Die Milch wurde in Kannen mit 15 und 20 Liter Inhalt transportiert. Jeder Lieferant hatte eine eigene Nummer auf seinen Kannen, die der Fuhrmann für seine Tour natürlich auswendig kannte. Jede Kanne musste natürlich mit Muskelkraft auf die Ladefläche gehoben und zur Mitte gedrückt werden. Auch das war anstrengendste körperliche Arbeit. Hinzu kam das Abladen bei der Molkerei sowie der Rücktransport der dann mit Mager- und Buttermilch gefüllten Behälter. Durch das viele Auf und Ab waren die Milchkannen oft stark verbeult.

Nur die wenigsten Verkehrsverbindungen waren zunächst gepflastert und meisten Wege noch Kleiwege, die im Sommer vielleicht ganz gut, im Herbst und Winter aber mit einem Milchwagengespann fast überhaupt nicht zu befahren waren. Dann musste der Schlitten eingesetzt werden. Der Milchfuhrmann hatte Gespann und Wagen selber zu stellen und auch das unternehmerische Risiko zu tragen. Da war es nur ein schwacher Trost, dass er eine Art Vertrauensstellung hatte. Ihm wurden nämlich am Anfang des neuen Monats nicht nur die Abrechnungen für das Milchgeld anvertraut, er stellte den Lieferanten auch das Bargeld zu.

Die Milchtouren wurden von der Molkerei festgesetzt. Große Milchtouren wurden zweispännig, kleine einspännig gefahren. In den ersten Jahren der Molkereien wurden noch Wagen mit Ackerwagenrädern gefahren. Später stieg man auf Rollwagenräder mit Hartgummi um. Auch wurden die Ladeflächen breiter, um mehr Kannen befördern zu können. Auf den Milchwagen befand sich ein Kutschbock oder – als besonderer Komfort – eine kleine Holzhütte, die als Unterkunft bei schlechtem Wetter diente.

Die Pferde, die den Milchwagen zogen, lernten bald, wo sie anhalten mussten. Bei langen Touren kam es allerdings hin und wieder vor, dass der Kutscher eingeschlafen war, aber sein Pferd wusste Bescheid und hielt an der richtigen Stelle. Hatten die Milchwagenfahrer ihr Ziel bei den Molkereien erreicht, galt es erst einmal, die Pferde zu versorgen. Für den Ausspann stand ein Pferdestall zur Verfügung. Wie es sich für ordentliche Fuhrleute gehörte, wurden zunächst Krippe und Raufe mit Hafer und Heu gefüllt.

Milchwagenfahrer waren auch Spediteure. Hatte jemand große Pakete, Möbel oder sonstige Teile zu transportieren, vertraute man sie gern den Milchfuhrleuten an. Es kam oft vor, dass Nachrichten zu überbringen waren, da es zur damaligen Zeit kaum Telefone gab. Auch für den Kaufmann Erich Lübben in Burhave, der einem betagten Kunden in Waddens eine neue Hose liefern sollte, übernahm der Milchfuhrmann den Auftrag, dem alten Herrn mit einem Bindfaden den Bauch zu messen und später die danach ausgesuchte Hose auszuliefern. Milchfuhrleute waren eben Mädchen für alles.

Nach der Währungsreform dauerte es nicht mehr lange bis die ersten Trecker auf den Höfen Einzug hielten. An der Motorisierung nahmen natürlich auch die Milchfuhrleute teil, und so mancher von ihnen legte sich nun einen Trecker mit Gummiwagenanhänger zu. Aber es war noch nicht das Ende. Erst als 1972 die Tankwagen eingesetzt wurden, bedeutete es das Aus für die Milchfuhrleute in Butjadingen.

Heute wird übrigens die Milch in Kühlwannen bei den Lieferanten gelagert, und ein Tankwagen holt die Milch zu jeder beliebigen Tageszeit direkt vom Hof ab. Durch die Lagerungsmöglichkeit ist der Bauer nun mit dem Melken auch nicht mehr an die Abholzeit des Milchwagens gebunden. Die Zeit ist vorbei, als morgens einer, der sich verschlafen hatte, mit seiner Milch dem Milchwagen hinterher fahren musste.

Hans-Rudolf Mengers

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