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Medaillengewinner Georg Lammers stammt aus Sillens

Ein halbes Jahr lang hat Heddo Peters am Nachlass von Georg Lammers gearbeitet, um alle Unterlagen zu ordnen und das dazu gehörige Findbuch zu erstellen. Dabei hat er vieles über das Leben dieses Mannes als Sportler, Privatmann und Polizist erfahren. Darüber berichtete Peters vor längerer Zeit einmal beim heimatkundlichen Klönabend.

Gleich sein erster öffentlicher Start begann für den 1905 in Sillens geborenen Georg Lammers mit einem Paukenschlag. Als 15-jähriger gewann er 1920 völlig unerwartet den Jugenddreikampf beim Bundesturnfest des Butjadinger Turnerbundes in Stollhamm. Das stolze Gefühl, Sieger geworden zu sein, lag vor allem darin begründet, dass Georg Lammers sich seine Teilnahme fast ganz allein gegen viele Widerstände erkämpft hatte. Nur seine Mutter unterstützte ihn so gut sie konnte.

Der Turnverein Burhave wollte ihn nicht melden, weil er körperlich klein und schwach war und man ihn deshalb als chancenlos ansah. Sein Vater war ohnehin gegen die Teilnahme. Nach seiner Auffassung sollten „kleine Leute“ nicht so sehr „nach oben“ schauen. So musste sich der junge Sportler die 50 Pfennig Startgeld selbst verdienen. Als er sich schließlich anmelden wollte, bekam er zu hören, dass die Meldefrist längst abgelaufen wäre. Erst die bitteren Tränen des Jungen erweichten die Verantwortlichen. Die Mutter schneiderte nachts, ohne Wissen des Vaters, Sporthose und Sporthemd und aus Segeltuch nähte sie ihm die ersten Sportschuhe.

Am Wettkampftag strampelte der Junge in aller Herrgottsfrühe mit dem Fahrrad seiner Mutter von Sillens nach Stollhamm und saß schon um 5 Uhr voller Erwartung auf dem leeren Sportplatz, obwohl sein Wettkampf – 100 MeterLauf, Weitsprung und Schleuderballwerfen – erst um 10 Uhr beginnen sollte. Doch am Abend dieses Tages stand Georg Lammers zur allgemeinen Verblüffung auf dem Siegerpodest, denn er hatte den JugendDreikampf klar gewonnen. Später hat Lammers diesen Sieg immer wieder als absoluten Höhepunkt seiner Laufbahn bezeichnet. Sogar die Urkunde, die er dafür erhielt, ist noch vorhanden.

Nach Beendigung seiner Banklehre trat Lammers 1924 in den Polizeidienst ein, weil er hier die Verbindung von Sport und Beruf am besten verwirklichen konnte. Immer mehr entwickelte sich nun der 100-Meter-Lauf zu seiner Paradedisziplin. Er trainierte hart gehörte schon bald zu den wenigen Läufern weltweit, die diese Strecke in 10,4 Sekunden bewältigten. 1928 erfolgte sogar die Nominierung für die olympischen Spiele in Amsterdam.

In die Olympiamannschaft war er allerdings nur durch einen glücklichen Umstand gelangt. Der für die Nominierung zuständige Deutsche Leichtathletikverband konnte nämlich nur drei 100 MeterLäufer aufbieten, so dass man notgedrungen auf den Spitzenläufer der Deutschen Turnerschaft zurückgreifen musste, eben auf Georg Lammers. Aber der Erfolg sprach für ihn. Er kam schließlich als einziger Deutscher in den 100 MeterEndlauf und ersprintete sich die Bronzemedaille. Mit ihm als Startläufer gewann die deutsche 4 x 100 MeterStaffel auch noch die Silbermedaille.

Nach diesen großen Erfolgen wurden dem zweifachen Medaillengewinner an vielen Orten in Deutschland triumphale Empfänge bereitet. Über die Art und Weise, wie Georg Lammers in seinem Heimatort Burhave gefeiert wurde, informiert ein Bericht in der Butjadinger Zeitung vom 11. August 1928: „Der Burhaver Turnverein, in dem Lammers seine erste turnerische Ausbildung erfahren hat, holte den Sieger mit Musik und Fahne vom Bahnhof ab. Ein stattlicher Zug begleitete ihn zu seinem Elternhaus. Abends fand ihm zu Ehren im „Eisernen Kanzler“ ein Kommers statt. Die Burhaver Einwohner und die Kurgäste hielten den Saal bis auf den letzten Platz besetzt. Turner trugen Georg Lammers auf den Schultern in den Festsaal. ... Der Burhaver Turnverein ließ Georg Lammers einen Eichenkranz mit Widmungsschleife überreichen. ... .“

Eine tiefe Enttäuschung bereitete Georg Lammers die Entscheidung des Deutschen Leichtathletikverbandes, ihn nicht für die Olympischen Spiele in Los Angeles im Jahre 1932 zu nominieren. Der Leichathletikverband hatte diesmal genügend Läufer in den eigenen Reihen, und man verzichtete auf den Spitzenläufer der Turnerschaft, obwohl er in den Wochen vor der Nominierung Weltbestzeiten erzielt hatte und im selben Jahr sogar den Weltrekord der deutschen 4 x 100 Meter Staffel in Kassel mitgelaufen war.

Eine besondere Genugtuung blieb ihm allerdings: Er ist einer von nur vier deutschen 100-MeterLäufern, die je eine olympische Medaille errungen haben.

Hans-Rudolf Mengers

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