Die meisten Ehen wurden im November geschlossen
Was als harmlose Suche nach einem Angehörigen begann, entwickelte sich für Edith und Erwin Albers aus Bremen zu einer wahren Leidenschaft: Seit 1995 bearbeiten sie gemeinsam die Stollhammer Kirchenbücher. Vor einiger Zeit berichtete Erwin Albers über diese Tätigkeit beim heimatkundlichen Klönabend des Rüstringer Heimatbundes.
In der Grafschaft Oldenburg wurden die ersten Kirchenbücher um 1570 angelegt. Sie sind für die Familienforscher eine sehr wichtige Quelle, findet man darin neben den Einträgen der Trauungen, Taufen und Begräbnisse, häufig auch Angaben über Eltern, Ehepartner und Herkunftsort. Allerdings ist es für den Laien nicht einfach, die alten Schriften zu entziffern und die Sprache jener Zeit zu verstehen.
Dabei ist die Familienforschung ein Hobby, das in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr Anhänger gefunden hat. „Es kommen schwere Zeiten auf etwa 400 Jahre alten Bücher zu“, meinte Erwin Albers. Durch den häufigen Gebrauch seien bei vielen Büchern die Ecken schon rundgestoßen und die Seiten eingerissen. Auch leidet die Schrift durch das Kopieren und unter der Einwirkung von Blitzlicht. An Hand einiger Bilder konnte er belegen, wie stark die Zerstörung in den letzten sechzig Jahren fortgeschritten ist.
Aus diesem Grunde regt auch die Oldenburger Landeskirche an, die alten Kirchenbücher abzuschreiben und auf Karteikarten zu übertragen. Im digitalen Zeitalter gibt es dafür auch geeignete PC-Programme. Spätere Nutzer können dann bequem darauf zurückgreifen und gleichzeitig werden die alten, schweren Folianten geschont.
Auf Stollhamm waren sie eher zufällig stoßen, weil noch niemand diese Bücher bearbeitet habe, erklärte Erwin Albers. Allerdings lag zunächst ein immenser Berg Arbeit vor ihnen. Allein von 1609 bis 1809 sind zirka 2000 Kirchenbuchseiten zu bearbeiten. Trotzdem verspürten Edith und Erwin Albers bei ihrer Tätigkeit bald eine Begeisterung, die sich zur Leidenschaft steigerte. Immer wieder gab es neue Erkenntnisse und interessante Details aus dem Leben unserer Vorfahren zu entdecken.
So konnten sie ermittelten, dass in Stollhamm auf 50 Geburten und in jeder 18. Ehe eine Zwillingsgeburt vorkam, eine durchaus normale Häufigkeit. Überraschend ist dagegen die Verteilung der Heiratseinträge für die Zeit von 1609 bis 1634. Mit weitem Vorsprung rangiert der Monat November mit 133 Hochzeiten vor dem Mai mit 87. Der zum Heiraten unbeliebteste Monat ist dagegen der März mit nur 12 Beurkundungen.
Auch die Liste der Verstorbenen ist ausgewertet worden. Von 1609 bis 1629 gab es gegenüber 1067 Getauften 997 Verstorbene. Leider sind die Angaben über die Todesursachen nur sehr lückenhaft. Im Jahre 1615 starben 11 Menschen an den Pocken, während 1627 von den Masern 16 dahingerafft wurden. Weitere häufige Todesursache waren Magen- und Darmerkrankungen – oft mit dem Begriff „Bangigkeit“ bezeichnet. Immer wieder kamen auch Menschen durch Ertrinken ums Leben. Meistens waren es kleine Kinder, die in einen Graben gefallen waren, gelegentlich aber auch Männer, die wohl dem Alkohol zu sehr zugesprochen hatten und dann auf dem Heimweg verunglückten.
Auch das Flüchtlingsproblem fand bereits in jener Zeit, es herrschte der 30-Jährige Krieg, im Kirchbuch seinen Niederschlag. So wird 1628 von einer Witwe berichtet, die am 2. Advent hier verstarb. Von ihrem Wohnort „auf dem Innhauser Siel“, also westlich des Jadebusens, sei sie „kriegswesendes halben von dar weggewichen“, nachdem sie zuvor noch ihren Mann dort habe begraben müssen.
Wie in Stollhamm, so haben sich im Bereich der Oldenburgischen Landeskirche für viele Kirchengemeinden bereits Mitarbeiter gefunden, die eine Verkartung durchführen oder auch schon abgeschlossen haben. Erwin Albers wies darauf hin, dass in etlichen Gemeinden für diese äußerst wichtige Arbeit aber noch interessierte Mitstreiter gesucht würden. Zu den Gemeinden, die noch nicht bearbeitet werden, gehören in der Wesermarsch: Abbehausen, Atens, Burhave, Golzwarden und Hammelwarden.
Hans-Rudolf Mengers
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