RÜSTRINGER HEIMATBUND e. V.

 

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„Heet un sööt“ wurde im Winter gern getrunken

Was tranken die Marschbewohner in vergangenen Zeiten? Dieser Frage gingen die Teilnehmer bei einem heimatkundlichen Klönabend des Rüstringer Heimatbundes nach. Der Vielseitigkeit des Themas entsprechend hatten sich gleich mehrere Referenten auf diesen Abend vorbereitet. So berichtete Adolf Blumenberg, Ahndeich, über die Geschichte der Dorfbrunnen in Burhave und Hollwarden, während Edith Zurhold, Blexen, über Genuss edler Burgunderweine informierte.

Hans Hermann Francksen aus Oldenburg machte deutlich, dass von jeher in Butjadingen Bier das Hauptgetränk war. Es war billig, denn Bier wird aus Gerste hergestellt, und Gerste war von jeher das meistangebaute Getreide in der Marsch. Woran es mangelte, war allein gutes Wasser. Auf fast allen größeren Höfen wurde gebraut und auch viele Gastwirtschaften stellten ihr Bier selber her.

Bessere Qualitäten bezog man allerdings aus Bremen oder Minden. Die Leute an der Jade ließen sich den Gerstensaft auch gern aus Varel oder Steinhausen bringen, weil das dort mit Geestwasser gebraute Getränk wesentlich besser schmeckte. Auch im Hospital Hofswürden trank man um 1670 Bier von Steinhausen, wie Francksen anhand alter Rechnungen ermitteln konnte. Beliebt bei den Alten war übrigens im Winter warmes Bier, das mit Sirup gesüßt wurde. Man nannte es „Heet und sööt“.

Da bei Auktionen gelegentlich auch BrennUtensilien zum Verkauf kamen, kann man davon ausgehen, dass auch der Branntwein auf manchen Höfen selbst hergestellt wurde. Leider konnte Francksen bisher nicht mit Sicherheit feststellen, aus welchem Material man hier verzehrte Alkohol brannte.

Über den Handel mit Alkohol konnte der Referent manches aus den Geschäftschäftsbüchern seines Vorfahren Ide Francksen entnehmen, der um 1760 in Ruhwarden einen Warenhandel betrieb. Da es kaum Barzahlung gab, sondern alles angeschrieben wurde, kann man aus den erhaltenen Büchern ersehen, was damals an Getränken über den Ladentisch ging. An Spirituosen verkaufte der umtriebige Geschäftsmann in erster Linie Genever, der von Holland importiert wurde. Man handelte ihn zu Kannen von je 1 1/3 Liter. Sehr beliebt waren auch die etwas teureren Qualitäten AnisAquavit und Franzbranntwein.

Anfang des 19. Jahrhunderts nahm der Branntweinverzehr deutlich zu, denn in allen Volksschichten stiegen nun die Einkommen. Die Kaufmannsrechnungen lauten statt auf Kannen jetzt auf Anker (1Anker = 16 Kannen). Meistens kauften die Kunden 1/4 Anker, also 6 ½ Liter. Bei diesen Kunden handelt es sich meistens um Hofbesitzer, bei denen es üblich geworden war, den Arbeitern täglich ihren Branntwein zuzuteilen. Den nahmen sie im sogenannten „Ohrtsbuddel“ zur Arbeit mit aufs Feld.

Natürlich wurde in alten Zeiten in Butjadingen auch Wein getrunken. Allerdings geht Francksen davon aus, dass sich der Verzehr auf nur wenige Personen beschränkt hat. In alten Kirchenrechnungen werden die Ausgaben für Abendmahlswein aufgeführt, den man kannenweise bei den dörflichen Kaufleuten besorgte. Die Langwarder Kirche hatte z.B. 1669 einen Jahresverbrauch von 17 Kannen (23½ Liter). Kamen aber zur Kirchenvisitation die vornehmen Herren aus Oldenburg angereist, dann erwarteten diese schon etwas Besseres. 1662 kaufte man für diesen Zweck 14 Kannen guten Rheinischen Wein, der natürlich deutlich teurer war.

Nähere Angaben für den privaten Verzehr von Wein fehlten Francksen noch weitgehend. Aber er ist sicher, dass schon um 1800 zu Familienfesten und bei Essen im Gasthof Wein ausgeschenkt wurde. Rechnungen über den Bezug von Wein über Weinhändler in Oldenburg und Bremen liegen ihm erst aus dem Jahre 1830 vor. Besonders beliebt war in jener Zeit der „Médoc“ ein französischer Rotwein.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts lieferten auch Oldenburger Weinhändler an private Abnehmer in Butjadingen: alten Malaga, Château Giscours und Château Lafite. Diese Lieferungen fanden aber nur zu besonderen Festlichkeiten statt. Sie spiegeln also keineswegs den täglichen Verzehr der gehobenen Bevölkerungsschicht wider. Unklar ist auch noch, was sich die Honoratioren am Stammtisch kredenzen ließen. In alten Berichten ist allerdings oft vom „Rotspon“ die Rede, was wohl ein einfacher Rotwein vom Faß gewesen ist.

Hans-Rudolf Mengers

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