Seelenregister als Quelle für Familienforschung
Mitglieder der Oldenburgischen Gesellschaft für Familienkunde (OGF) stellten den Besuchern des heimatkundlichen Klönabends ihre neueste Veröffentlichung, das Seelenregister von 1675 der Kirchengemeinde Stollhamm, vor. Nach Abbehausen und Harpstedt ist Stollhamm die dritte Gemeinde, deren Seelenregister gedruckt vorliegt.
Die OGF hat es sich zur Aufgabe gemacht, alte Dokumente der Forschung zugänglich zu machen. Wie ihr Leiter Wolfgang Martens in Stollhamm betonte, gab es im alten Land Oldenburg etwa 100 Kirchengemeinden. Mit der Aufarbeitung der Quellen stehe man deshalb erst am Anfang, sagte er weiter, es sei dafür eigens eine Arbeitsgruppe „Quellenerschließung“ gegründet worden.
Was es mit dem Seelenregister auf sich hat, berichtete Gerold Diers, der Leiter dieser Arbeitsgruppe: Im Bereich der evangelischen Kirche Oldenburgs mussten auf Anordnung des Konsistoriums ab 1662 Hausbesuche durch die örtlichen Pastoren durchgeführt werden. Dabei wurden alle Bewohner aufgeschrieben, auch das Dienstpersonal. Was dem Pastor damals viel Mühe bereitet haben dürfte, ist heute eine äußerst wichtige Quelle für die Heimat- und Familienforschung.
Das früheste überlieferte Protokoll dieser Hausvisitationen für das Kirchspiel Stollhamm stammt aus dem Jahre 1675. Der amtierende Pastor Anthon Herstell war wohl nicht mehr der Jüngste, jedenfalls suchte er sich für die aufwändige Arbeit einen Gehilfen. So konnten sie sich das umfangreiche Gemeindegebiet aufteilen. Insgesamt ergab die Zählung in den vier Bauerschaften 1229 Personen in 300 Haushaltungen.
Die Abschrift des Stollhammer Seelenregisters hatte Erwin Albers aus Bremen übernommen. Er stellte fest, dass sich der Pastor in Stollhamm zunächst einmal nicht so ganz genau an seinen Auftrag gehalten habe. Er schrieb zwar die Bewohner eines jeden Hauses mit ihrem Namen auf, bei den Kindern zusätzlich mit Alterangabe. Auch die Knechte und Mägde, wenn sie auf dem Hof vorzufinden waren, notierte er. Weitere Angaben, etwa über Bildung und kirchliche Gewohnheiten, macht er allerdings nicht.
Sehr aufschlussreich ist dagegen die Einteilung der Bevölkerung in soziale Schichten. Der Pastor unterschied hierbei fünf Gruppen: An erster Stelle der Rangordnung standen die Hausleute, auch Hausmänner genannt. Sie waren die Besitzer der großen Hofstellen. Heuerleute waren dagegen lediglich Pächter solcher Höfe. Köter (abgeleitet von Kate) bewirtschafteten die kleinen Landstellen, entweder als Besitzer (Hausköter) oder Pächter (Heuerköter). Sie konnten nur selten von einer solchen Stelle leben und gingen deshalb einer zusätzlichen Beschäftigung nach. Ganz unten in der Ragordnung findet man die Heuerlinge. Sie wohnten zur Miete, besaßen kein eigenes Land und arbeiteten als Tagelöhner oder übten ein Handwerk aus.
Erwin Albers hat auch ein Register der beliebtesten Vornamen jener Zeit aufgestellt. Ganz vorne rangiert bei den Männern Johann (33 mal), vor Hinrich (25), Gerd, Hayo (je 9), gefolgt von Ide, Peter, Jacob, Dirk und Jürgen (je 8). Bei den weiblichen Vornamen war mit weitem Abstand am beliebtesten Anna (48), gefolgt von Grete (34), Gesche (23), Frowe (17), Alke (14), Tete (13) und Trine (12). Es sind nach Albers Angaben aber nicht die typisch friesischen Namen, die hier dominierten.
Im Anschluss an die Hausvisitation erfolgte auch die Besichtigung der Gemeinde und des Pastors selbst durch das Konsistorium. In einem begleitenden Bericht beschreibt der Pastor sehr offen die Zustände in seiner Gemeinde. Insgesamt scheint er aber mit ihr zufrieden gewesen zu sein, so dass er dem Herrn für seine „Treue und Güte“ mit dieser Gemeinde dankte. Trotzdem aber gebe es „etliche lose Verächter des göttlichen Wortes und der heiligen Sacramente, die bis vor kurzem die Tabakspfeife und den Bierkrug höher gehalten haben als Gottes Wort.“
Hans-Rudolf Mengers
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