RÜSTRINGER HEIMATBUND e. V.

 

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Freie Seiten im Kirchenbuch wurden für Berichte genutzt

Eher zufällig, bei der Suche nach Familiendaten im Trauregister der Norderpfarre von Rodenkirchen fand der Familienforscher Ewald Janßen aus Absen allerlei Aufzeichnungen des Pastors Schmedes, der hier von 1806 bis zu seinem Tode 1846 als Seelsorger wirkte. Darüber berichtete er beim heimatkundlichen Klönabend des Rüstringer Heimatbundes.

Pastor Schmedes, der wohl auch an historischen Ereignissen sehr interessiert war, hat diese Berichte aber nicht in Tagebuchform chronologisch angelegt. Fast die Häfte der Texte nehmen umfangreiche Registertafeln mit den Oldenburger Regenten und den Predigern im Herzogtum Oldenburg ein. Dazu beschreibt er wichtige Ereignisse, die sich während seiner Zeit zugetragen haben.

Gern greift er auch politische Ereignisse auf, von denen er erfahren hat. So geht er sehr ausführlich auf die eindrucksvolle Huldigungsfeier am 7. August 1823 in Jever ein. Nachdem der Anschluss Jevers an das Großherzogtum Oldenburg im offiziellen Rahmen feierlich vollzogen war, traf sich danach die Gesellschaft im Gasthof „Zum schwarzen Adler“. Nach dem Empfang eröffnete der Minister den Ball und „bald wirbelten die bunten Paare im leichtesten Tanze durch den Saal und Freude herrschte bis zum nächsten Morgen“, heißt es in seinem Bericht.

Auch die Franzosenzeit ist dem Pastor eine längere Betrachtung wert. Die Entlassung der oldenburgischen Beamtenschaft hat er sogar selbst miterlebt: „Ich war damals gerade in Oldenburg und sah die alten Staatsdiener Thränen weinen. Der ganze Markt war mit Husaren und Französischem Militär angefüllt, durch welches die Herren (vom Rathaus) in die Kirche geführt wurden. Die Begrüßung hob mit den Worten an: ‚Franzosen, ich grüße euch!’ Es wurden uns dann goldene Berge versprochen.“

Manche Abhandlungen sind auch mit dem genauen Datum ihrer Entstehung versehen. So schreibt Schmedes am 11. März 1831 über die gefürchtete „Cholera Morbus oder Ostindische Brech- und Gallenruhr“. Er rechnet sie neben Pest und Gelbfieber zu den drei „Weltkrankheiten“, die für die Europäer „die aufmerksamste Beachtung verdiene“. Wie Recht er mit dieser Einschätzung haben sollte, zeigte sich bereits kurze Zeit später.

Über Moskau und Petersburg kommend, überschritt die Cholera im Frühjahr 1831 trotz militärischer Abwehrmaßnahmen die Grenze zu Preußen und suchte zunächst Königsberg heim, wo über 1300 Menschen starben. In dieser Zeit entstand wohl Schmedes’ Bericht. Kurze Zeit später wütete die Cholera bereits in Hamburg, wo ihr 1652 Menschen zum Opfer fielen. In der Tat versetzte diese Epidemie in jenen Tagen die Menschen in ganz Europa in Angst und Schrecken.

Schmedes berichtet aber auch vieles aus der eigenen Gemeinde. Eine Kirchengeschichte gehört ebenso dazu wie Angaben über Land- und Lebensmittelpreise. Er beschreibt die Predigereinkommen und die Abnahme der Beichte. Schließlich durchstreift er noch die Bauerschaften seines Kirchspiels und erklärt die Namen der Siedlungen und Höfe.

Unter der Rubrik „Merkwürdigkeiten“ greift er auf einen Artikel in der Bremer Zeitung vom 1. Februar 1823 zurück, die auf den außerordentlich strengen Winter eingeht: „Nach der unteren Weser bis Wremen ist alles mit Eis bedeckt und kein Wasser zu sehen. Vom kleinen Siel fuhr man schon mehrere Tage lang mit Wagen und Schlitten gerade über nach Desdesdorf und von Bremen bis Brake die größten Frachtwagen und Schlitten die Weser entlang.“

Die Aufzeichnungen sind in sehr kleiner und schwer lesbarer deutscher Schrift verfasst. Es hat Ewald Janßen einige Mühe bereitet, die Texte in Maschinenschrift übertragen. Aber es ist ihm es wichtig, dass sie der Nachwelt zugänglich sind.

Hans-Rudolf Mengers

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